Schloss Nudersdorf

Nudersdorf - Schloss und Geschichte ab dem 16. Jahrhundert

Nudersdorf

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Kurzbeschreibung

Zu den landschaftlich anziehenden Punkten in der Nähe der Stadt Wittenberg gehört das Dorf Nudersdorf mit seiner Umgebung. Wie ein dunkelgrüner Rahmen umgibt von allen Seiten der Wald die freundlichen Häuser des Ortes, an die sich fast ausnahmslos blumenhegende Gärten mit fruchttragenden Obstbäumen anschließen.

Grüne Wiesen und wohl bestellte Felder vervollständigen das anziehende Bild und rechtfertigen auch hier den Anspruch des Geographen Ratzel über das Fläminggebiet: "Der Fläming ist heute in allen seinen Teilen trotz der Spärlichkeit seiner Naturbedingungen eine Kulturlandschaft".

Und zwar ist es eine Kulturlandschaft mit eigenartiger, leider noch immer nicht genügend gewürdigter Schönheit. Allerdings kann diese nicht in Wettbewerb treten mit der Mannigfaltigkeit der deutschen Mittelgebirge, aber sie besteht unbestritten und hat ihre eigenen Reize.

Freilich offenbart sie diese nur dem, der sie zu suchen und zu verstehen weiß - und das ist leider noch immer nur eine kleine Schar. Recht treffend kennzeichnet der vorgenannte Ratzel dies in seiner Schrift "Die deutsche Landschaft" mit folgenden Worten: Die Schönheiten zu suchen, zu denen man herabsteigen muss, dazu glaubt der Mensch der Gegenwart keine Zeit mehr übrig zu haben ...

... Bevor wir auf die Geschichte der Ortschaft eingehen, ein Bild vom Schloss, mit dem der Aufstieg zu einer der schönsten Wohngegenden im Landkreis Wittenberg begann:

Schloss Nudersdorf im Winter 2012

Das Bild wurde am Abend des 12. Dezember 2012 aufgenommen, in der Schneelandschaft eines frühen Wintereinbruchs erscheint das ehrwürdige Schloss Nudersdorf in aller Pracht.

... weiter mit der Geschichte:

Herkunft der Namen Nudersdorf und Birkenbusch

Der Name Nudersdorf ist hergeleitet von "Niedersdorf", d.h. niedrig gelegenes Dorf. Im Volksmunde führte und führt wohl auch heute noch der Ort die Bezeichnung "Birkenbusch".

Mit der Birke, die sich dort allerdings in größeren Beständen findet, hat nun freilich dieser Name nichts zu tun, sondern hat seinen Ursprung in folgendem: Der den Ort umgebende Wald gehörte zu Luthers Zeit dem kursächsischen Kanzler Brück (Pontanus, eigentlich Heintze, 1487 bis 1557) und wurde deshalb als "Brückes Busch" bezeichnet, woraus dann später das Wort Birkenbusch entstand, wie ja auch das benachbarte Bollensdorf, (Boldensdorp) die Verwandlung in das allerdings vornehmer klingende Apollensdorf erfuhr.

Jüngste Vergangenheit, aus damaliger Sicht

Nudersdorf zählte vor 30 Jahren (1894) nur rund 250 Einwohner. Das Anwachsen der Industrie (vor allem Stickstoffwerke, Sprengstoffwerke und Gummiwerke) hat die Einwohnerzahl heute vervielfacht. Eine große Anzahl neuer Siedlungen ist entstanden, und wenn erst die im Südwesten unter weitreichender Förderung des Landkreises Wittenberg im Bau befindliche Siedlung vollendet sein wird, dann wird Nudersdorf unter die größeren Orte des Kreises einrücken.

Der einstige Traum von einem "Bad Nudersdorf" dürfte ja wohl endgültig begraben sein, wenn auch alljährlich eine kleine Zahl von "Sommerfrischlern" hier einkehrt, die in den ausgedehnten Waldungen Erholung suchen und finden. Durch die Kleinbahn Wittenberg - Straach hat das vordem so abgeschiedene Dorf Anschluss an das große Verkehrsnetz erhalten,...

Von dem wechselnden Geschick dieses Nudersdorfer Schlosses soll im Nachfolgenden einiges berichtet werden.

Frühe Geschichte, Reformationszeit

Zur Zeit der Reformation waren die Herren von Leipzig Besitzer des Rittergutes Nudersdorf, und zwar die Linie des Geschlechts, welche in Bärwalde in der Mark saß. Gottschalk von Leipzig hatte Nudersdorf für 4000 Goldgulden gekauft.

Leider ist nicht festzustellen, wer der Vorbesitzer war, noch wer das alte Schloss erbaut hat. Dieses bestand aus zwei im rechten Winkel aneinander stoßenden Flügeln, die von alten, hohen Bäumen beschattet wurden. Es besaß nicht die vollen Rechte eines ritterlichen Besitzers.

Zwar waren die Bauern, die sich um das Schloss angebaut hatten, diesem zu Hand- und Spanndiensten verpflichtet, aber weiter als bis auf diese dehnten sich seine Gerechtsame nicht aus.

Die umliegenden Dörfer waren entweder der Stiftskirche Allerheiligen (Schlosskirche) in Wittenberg oder dem Rittergute Ließnitz (dem späteren Kropstädt) zins- und dienstpflichtig. Längere Zeit hindurch war Nudersdorf ein Lehen der Herren von Löser auf Kropstädt.

Das Schloss bis zum 17. Jahrhundert, Dreißigjähriger Krieg

Vor Beginn des dreißigjährigen Krieges finden wir einen Abraham von Leipzig auf Bärwalde als Besitzer von Nudersdorf. Jahrelang lebte dieser erbschaftshalber in Streit mit seinem Vetter Friedrich von Leipzig.

Im Jahre 1606 kam zwischen beiden eine Einigung dahin zustande, dass Friedrich, der bereits Mitbelehnter von Nudersdorf war, dieses als Ganzlehnen erhielt. Der Kurfürst Johann Georg von Brandenburg erteilte dem abgeschlossenen Vertrage seine Genehmigung.

Aber bereits am 2. Januar 1622 verkaufte Friedrichs Sohn, Hans Kaspar von Leipzig, Nudersdorf an den Ritter Wilhelm Löser. Der Kaufvertrag wurde von einem Ritter Friedrich von Schlieben als Zeugen unterschrieben.

Dieser Wilhelm Löser war der Neffe des im Jahre 1614 in Schloss Pretzsch verstorbenen kurfürstlichen Rates und Assessors am Hofgericht Wittenberg Hans Löser V., der durch seine Teilnahme am Torgauer Landtag von 1592 und an dem Prozess gegen den sächsischen Kanzler Krell bekannt geworden ist, dem wegen seiner Hinneigung zur Lehre Calvins der Prozess gemacht wurde. Wilhelm Löser vererbte Nudersdorf auf seine Nachkommen.

Als diese werden genannt 1630 Magnus Löser und 1641 Georg Heinrich Löser, der sich "Erbsaß auf Kropstädt und Nudersdorf" nennt.

Aus dem Jahre 1658 liegt ein Bericht des Amtsschössers (kurfürstlichen Amtsmanns) in Wittenberg, Benedikt Strauß, vor, in dem mitgeteilt wird, dass Nudersdorf im Jahre 1640 "wegen der Kriegs-Troublen gänzlich ruiniert wurde".

Gleichzeitig wird berichtet, dass Georg Heinrich Löser mit seinem Schwager Günther von Bünau auf Pulsnitz wegen Erbgeldern einen Streit führte, der mehrere Jahre andauerte und schließlich dazu führte, dass Nudersdorf im Jahre 1643 versteigert wurde. Die Auseinandersetzung führte erst 1649 zu einem Vergleich zwischen den Nachkommen Lösers und Bünaus, Heinrich Löser und Heinrich von Bünau.

Im September 1658 trat Heinrich Löser die im Jahre 1622 von Veit Winzheim erworbene "Papiermühle vor Nudersdorf" sowie das "Schulzengericht Schmögelsdorf" an seine Schwägerin, die Frau seines Bruders Magnus, Ludomilla, geb. Vaalin, ab. Der vorgenannte Wittenberger Amtsschösser Benedikt Strauß bemerkt hierzu, dass Heinrich Löser kein Recht an das Schulzengericht in Schmögelsdorf habe, da dieses niemals zu Nudersdorf gehört habe.

18. Jahrhundert

Etwa 40 Jahre hören wir nichts mehr von Nudersdorf. Da aber aus dem Jahre 1705 berichtet wird, dass ein Wilhelm Heinrich Löser auf Nudersdorf saß, so darf man annehmen, dass das Rittergut während dieser Zeit ununterbrochen im Besitz der Lösers gewesen ist.

Schloss Nudersdorf im Jahr 2004

Mit dem vorgenannten Wilhelm Heinrich Löser waren seine Brüder Eustachius und Wolf Adam Mitlehensträger. Eustachius Löser wurde im März 1715 alleiniger Besitzer von Nudersdorf. Er ließ bis zu seinem im Jahre 1733 erfolgtem Tode das Gut durch umfangreiche Wirtschaftsgebäude erweitern. Auch errichtete er nach der Mode jener Zeit im Park des Schlosses ein "Badehaus" und ein "Salonhaus".

Von Eustachius Löser erbten seine beiden Söhne Jost Heinrich und Eustachius Friedrich den Nudersdorfer Besitz. Beide dienten als Offiziere in der sächsischen Armee, der erstere als Kapitän, der andere als Premier-Leutnant. Da sich keiner von ihnen entschließen konnte, den Soldatenrock mit dem des Landwirts zu vertauschen, so verkauften sie Nudersdorf an die Herren von Leyser. Ob diese mit der Wittenberger Professorenfamilie Leyser verwandt sind, kann nicht gesagt werden, ist aber sehr wahrscheinlich.

Im Jahre 1795 bestand das Rittergut Nudersdorf, zu dem die wüste Mark Gallun und Teile der Niederschen Mark gehörten, aus folgenden Gebäuden: das Schloss, dem Hofmeisterhause, Stallungen für Pferde, Kühe, Schafe, Schweine und Geflügel, Geschirrkammer, Wagenschuppen, Scheunen, Geräteschuppen, Brauhaus, Brennerei mit Wohnung für den Brenner und Backhaus. Im Park stand das bereits erwähnte "Badehaus" und "Salonhaus", beide im Rokokostil gehalten.

Außerhalb des Rittergutshofes lag noch eine Ziegelei und eine Töpferei mit Brennofen. Außerdem gehörten zum Rittergut zwei Wassermühlen. Auf dem Vorwerk Gallun stand ein Wohnhaus für den Verwalter und mehrere Wirtschaftsgebäude.

Der letzte Besitzer derer von Leyser war der sächsische Generalmajor August Wilhelm Friedrich von Leyser. Dieser trennte im Jahre 1795 beide Mühlengrundstücke vom Rittergute und gab sie im Erbpacht-Vertrag dem Müller Johann Christoph Dreßler.

19. Jahrhundert

Im Jahre 1816 wurde die "große Mühle" durch dem Müller Leberecht Koch käuflich erworben. Schließlich verkaufte dieser letzte "Leyser" das gesamte Rittergut an den preußischen Oberforstmeister Alexander Friedrich von Erdmannsdorf.

Von nun an stand ein fortgesetzter Wechsel der Besitzer von Nudersdorf ein.

Oberforstmeister von Erdmannsdorf veräußerte das Rittergut 1840 an Karl Friedrich Gottlob v. Watzdorf, Besitzer und Kammerherr auf Wiesenburg, Ottmannsdorf und Leetza. Nach dessen Tode 1848 ging der Nudersdorfer Besitz auf seine Witwe Ernestine geb. v. Hügel und ihre beiden Kinder Kurt Friedrich Ernst und Elisabeth Luise Liselotte über. Aber bereits ein Jahr darauf, im April 1849, verkauften die Erben das Rittergut an den Amtsmann Johann Friedrich Pfau.

Dieser sah bald ein, dass aus diesem nicht viel herauszuholen war, und deshalb veräußerte er schon im September des gleichen Jahres den Besitz wieder, und zwar an die Brüder Gustav Luther und Karl Wilhelm Luther, beide Doktoren der Medizin aus Dublin (Irland). Beide waren Nachkommen D. Martin Luthers, uns das veranlasste sie wohl, in der Nähe der Stadt, wo ihr großer Ahn lebte, und wirkte, einen Besitz zu erwerben.

Der ältere der Brüder, Dr. Gustav Luther starb im Juli 1856, worauf Dr. Karl Wilhelm Luther alleiniger Eigentümer von Nudersdorf wurde. Er hat auch eine Schrift über "Die Vorfahren D. Martin Luthers" in welcher er manche wertvollen Aufklärungen über diese, namentlich über die wirtschaftlichen Verhältnisse der Eltern des Reformators, gab und dadurch manchen Irrtum berichtigte. Die Herren Luther verringerten das Rittergut dadurch, dass sie verschiedene zu diesem gehörende Gebäude, insbesondere Gesindehäuser, an Nudersdorfer Einwohner verkauften.

Im März 1872 erwarb der belgische Konsul Hans Emil von Oppenfeld aus Berlin das Rittergut. Er war ein unternehmender Kopf, und da er in Nudersdorf Kohle und schwefelhaltige Quellen entdeckte, so fasste er den Plan, beides nutzbringend zu verwerten. Er gründete "Braunkohlenbergbau - Aktiengesellschaft auf Rittergut und Bad Nudersdorf" und traf Anstalten, aus Nudersdorf einen Badeort zu machen.

Zu diesem Zwecke erneuerte er das Badehaus und das Salonhaus im Parke und fügte diesen noch ein "Logierhaus" hinzu. Aber eins blieb aus - die Badegäste. Als daher dieser schöne Plan scheiterte, warf sich Konsul von Oppenfeld als unternehmender Kaufmann auf das industrielle Gebiet. An Stelle der schlichten Ziegelei erbaute er eine moderne Dampfziegelei mit Ringofen, Maschinen-, Kessel- und Presshaus samt Schmiede, Zechenhaus und Lokomotivschuppen.

In diesem Zustand übergab er den Besitz seinem Sohne, dem Vizekonsul und Bankier Emil vom Oppenfeld in Berlin. In dessen Händen verblieb er 10 Jahre, dann verkaufte er ihn 1884 an den Kaufmann Arnold Herzfeld in Berlin.

Hatte bisher Nudersdorf schon recht häufig den Besitzer gewechselt, so geschah dies in der Folge noch viel häufiger.

Zunächst kaufte es der Rentier Julius Schleißner aus Berlin, der das Gut an den Rittergutsbesitzer Benno Roebbelen aus Dubran bei Priebus veräußerte, es aber im Jahre 1895 von diesem wieder übernahm.

20. Jahrhundert (bis 1934)

Im Jahre 1905 vererbte er das Rittergut an seine beiden Kinder Konrad Schleißner und Martha Schleißner. Von diesen erwarb es im September 1911 Graf Menno von Limburg- Stirum aus Berlin, der es im März 1917 an den Bankier Waldemar von Böttinger auf Rittergut Ahrensdorf verkaufte.

Vom Oktober 1920 ab war Rittergutsbesitzer Scheibler Eigentümer von Nudersdorf, aus dessen Händen es bereits Anfang 1921 in den Besitz der Firma Quott und Kohler in Neuss überging, die es im März 1922 an die Gebrüder Colsmann verkaufte, die es 1932 an ein Schweizer Bankhaus veräußerten, von welchem das eigentliche Schlossgebäude nebst Park von der Verwaltung des so genannten "Freiwilligen Arbeitsdienstes" übernommen wurde, während der größere Teil des Feld- und Waldbesitzes in Privathände kam ...

... Noch immer rauschen im Schlosspark die hohen, mächtigen, alten Bäume. Wenn sie reden könnten, sie würden gar viel erzählen können von all den Vielen, die in ihrem Schatten wandelten, von den zahlreichen stetig wechselnden Eigentümern des schönen Besitzes, die sie kommen und gehen sahen, und von dem Wandel der Zeiten.

Über die Treppen und Flure des Schlosses, über die einst seidene Kleider rauschten und anmutige Gestalten leichfüßig huschten, stapfen jetzt die schweren Arbeitsstiefel der Arbeitsdienstwilligen...

Quelle: Zwanglose Blätter für die Heimatkunde, Sonnabend, 27. Januar 1934, Herausgeber Richard Erfurth, Druck und Verlag Fr. Wattrodt, gekürzt.

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